nicht müde werden sondern dem wunder leise wie einem vogel die hand hinhalten. (hilde domin)

Freitag, 30. Mai 2014

bei der arbeit: stoffdruck

ich schrieb letztens im wochenrückblick unter "gewerkelt", daß ich taschen genäht habe aus bei der arbeit bedrucktem stoff, was in den kommentaren interessiert bemerkt wurde.

also das ist so: ich arbeite im werktherapeutischen bereich mit relativ schwer beeinträchtigten autistischen menschen, die nicht in einer üblichen wfbm arbeiten können. wir haben 6 verschiedene gruppen mit unterschiedlichen schwerpunkten/arbeitsinhalten zu je 3 - 6 menschen. und seit ich letzten sommer von der wäschegruppe in die kreativgruppe wechseln konnte, hat sich für mich viel getan.

vor allem sind wir betreuerInnen beschäftigt mit solcherlei dingen: stimmung peilen, motivieren, kulturtechniken und andere alltäglichkeiten anleiten  (toilettengänge, händewaschen, kleidung und/oder schuhe wechseln, essen kleinschneiden, spülen...), nonverbal kommunizieren, krisen begleiten, vom randalieren abhalten, aufpassen dass keineR wegläuft, bei laune halten, kurz und gut: flöhe hüten. (und dabei geduldig und freundlich sein.)

zwischen all dem sind die beschäftigungen platziert, die wir den menschen als 'arbeit' anbieten, um sich wirksam und sinnvoll tätig zu erleben. in der kreativgruppe sind dies eben kreative tätigkeiten: weben am flechtboy mit ausrangierten stoffen (aus bett- und tischwäsche), stempeln und malen auf großformatigem papier (als geschenkpapier und zum weiterverwenden), pappkisten zusammen- und bekleben, papiertüten falten, grußkarten falten/bekleben/bemalen.

zur förderung einer bestimmten frau, s., habe ich seit dem letzten sommer, ausgehend von ihren vorlieben für buchstaben und kreatives/handarbeitliches arbeiten, das projekt 'stoffdrucken' entwickelt. inzwischen macht s. das ganz selbständig, ich brauch ihr nur noch das material bereitlegen und dann beschäftigt sie sich durchaus eine ganze stunde lang alleine damit.
sie sucht die buchstaben und grundfarben selber aus, ich mische dann nach und nach verschieden farbtöne zusammen und gebe ihr bei bedarf neue farbe. im moment arbeiten wir daran, daß sie bescheid sagt, wenn sie mehr farbe braucht. (leider kommt beim aufrollen der farbe auch immer farbe auf den rand des stempels, die dann auch auf den stoff gerät. die stempel müssen noch nachgearbeitet werden, doch zeit und gerät dafür fehlen. zur zeit schaffe ich es nur, jede woche ein, zwei stempel mit der handsäge von ihrem rand zu befreien.)



es dauert, bis so ein stück stoff bedruckt ist, denn s. macht das nicht auf die ruckzuck-art, sondern rollt jeden stempel ausgiebig mit farbe ein. das rollen schient fast das beliebteste daran zu sein ;-). aber wir haben ja zeit, die freude steht im vordergrund.

aus dem fertigen stoff nähen wir dann taschen. s. kennt das nähen mit der nähmaschine aus der schule und hat großen spaß am surren des geräts (ein kollege hat von zuhause eine alte anker phönix-maschine zur verfügung getellt, die macht ein wunderbares geräusch). selbständig gerade nähte zu nähen klappt zwar noch nicht, aber wir machen das dann gemeinsam: ich stehe hinter ihr, helfe beim stoff-führen und geben "los"- und "stop"-kommandos fürs gaspedal. dieses bedient s. sehr feinfühlig und näht ganz langsam, wenn ich bescheid gebe.
die taschen bekommen bunte tragegriffe in schultertauglicher länge und das logo unserer einrichtung per transferfolie aufgebügelt.




leider können s. und ich nur einmal in der woche, manchmal nur für eine stunde, zusammen arbeiten, aber es macht uns beiden große freude.

alle produkte der einrichtung (es gibt außerdem holz und keramik) werden bei verschiedenen gelegenheiten (sommerfest, stadtteilfest, informationsstand, manchmal bei märkten) zum verkauf angeboten. eine tasche kostet zb 4 euro. und wir machen auch sonderanfertigungen, zb mit speziellen buchstaben- oder farbwünschen. grad diese woche haben wir zur abwechslung mal stoff voller roter herzen gedruckt.

es ist ziemlich schön, eine tätigkeit gefunden zu haben, die s. richtig spass macht und woran sie ausdauernd und selbständig arbeitet. so etwas kommt in unserer arbeit nicht oft vor. und wenn dann auch noch ein endprodukt entsteht, das gefallen findet, ist die freude umso größer.

5 Kommentare:

  1. Deine Arbeit begeistert mich es ist nicht einfach ,bei uns gibt es auch so eine Einrichtung und die Sachen die da gewerkelt werden finde ich immer sehr schön die habe ganz viel Scharm wie ich finde die Taschen sind ganz toll ich würde sofort eine Kaufen,.lg grüße Galina die auch das Stempeln liebt vor allem Buchstaben

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  2. Danke für diesen schönen Bericht und den Einblick in Deine Arbeit! Die Taschen gefallen mir gut... Liebe Grüße Greta

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  3. Mir gefällt der Buchstabendruck sehr und mich stören die Balken nicht wirklich. Obwohl ich ja grundsätzlich auch so eine "Ordentliche" bin. Daher mag ich es sogar, wenn andere Schönes schaffen, eben weil nicht alles so "gerade" ist.
    Du hast eine herausfordernde Arbeit, danke für den Einblick. Schön, wenn es dann solche Lichtblicke für dich gibt.
    Viele Grüße, Roswitha

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  4. Da hast du ja eine echt anstrengenden Beruf, der bestimmt sehr erfüllend aber auch sehr zehrend ist. Ich habe auch schon mit Menschen mit Autismus gearbeitet und weiß was du da leistest. Man muss da sehr präsent sein, Hut ab, dass du das mit Familie und Kindern schaffst! ...und gerade zu genial, wenn so etwas tolles dabei herauskommt!
    Liebe Grüße an dich!

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  5. ich mache nur eine halbe stelle, mehr würde ich kräftemäßig nicht schaffen, und das geht auch nur, weil herr siebensachen währenddessen zuhause ist und 'den laden schmeißt'.

    liebe grüße, ihr alle!

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